20. Sonntag im Jahreskreis - 20. August

Gedanken zum Sonntag
Segen

1. Lesung: Jesaja 56,1.6-7

2. Lesung: Römerbrief 11,13-15.29-32

Evangelium: Matthäus 15,21-28



Leitlinien für eine funktionierende Gemeinschaft 

Gedanken von Dr. Max Angermann (2023)



Jede Gesellschaft kennt Haltungen, die für ein Funktionieren des gemeinschaftlichen Lebens nötig sind. Die abendländische Tradition nennt diese Tugenden. In den Lesungen dieses Sonntags werden uns einige christliche Tugenden ans Herz gelegt.


Der Gerechtigkeit nachjagen

Die Texte dieses Sonntags erwähnen mehrmals Gerechtigkeit, Beruf, Berufung. Wir könnten noch Ausdauer dazunehmen. Dann haben wir die Leitbegriffe bzw. die Themen dieses Sonntags. Ich verstehe sie als Leitlinien auf unserer Lebensstraße, auch Leitlinien für eine funktionierende Gemeinschaft.

Die erste Lesung beginnt schon so: „Wahrt das Recht und übtGerechtigkeit“, noch deutlicher wird das Buch Deuteronomium: Wir „sollen der Gerechtigkeit nachjagen.“ (Dtn 16,20). Diese abstrakten Begriffe können kaum für sich allein stehen, brauchen einen Kontext, der sagt, wie sie in einer bestimmten Situation zu verstehen sind. Was bedeutet für uns „Gerechtigkeit“ in unserem Alltagsleben? Das aristotelische Gerechtigkeitsprinzip sagt vereinfacht: Gleiches mit Gleichem und Ungleiches mit Ungleichem behandeln.

Es gibt verschiedene Formen der Gerechtigkeit. In unseren Tagen spielt die Verteilungsgerechtigkeit eine große Rolle. Sie soll nach statistischen Angaben in Österreich extrem ungleich sein. Die Zuteilung von Gütern muss nach Maßgabe der „Würdigkeit“, also auch der Wertschätzung und der Verdienstmöglichkeit gegeben sein. Der Gerechtigkeit „nachjagen“ heißt, in allen Lebensbereichen ständig bemüht sein, eine ausgleichende Gerechtigkeit zu finden. Gerechtigkeit zu leben, ist ein Beziehungsgeschehen und setzt Wahrheit voraus. Gerechtigkeit und Wahrheit sind Grundlagen für den Sinn unseres Lebens. Klar ist auch, dass die Gesetzesgerechtigkeit nicht die persönliche Lebenssituation immer abdecken kann, da bedarf es auch der personalen Gerechtigkeit. „Gott ist eintreuer, unbeirrbarer, gerechter und gerader Gott“, sagt das Buch Deuteronomium 32,4. Diese Gerechtigkeit sollte in unserem menschlichen Tun das Ziel sein, damit wir gerechte Menschen werden. Das braucht Orientierung.


gehorchen

Gott rechnet mit unserer Schwachheit, auch mit unserem Ungehorsam, daher hören wir in der zweiten Lesung: „Denn unwiderruflich sind die Gnadengaben und die Berufung Gottes“ (Röm 11,29), die Gott gewährt, weil er uns aus unserem Ungehorsam herausführen will. Wenn hier vom Ungehorsam die Rede ist, müssten wir auch das Gegenteil, den Gehorsam in den Blick nehmen. Der Begriff enthält „horchen“, zuhören, was jemand sagt und sein Verhalten danach richten. Gehorsam aus biblischer Sicht heißt auf den Willen des Vaters hören, auf die innere Stimme des Geistes, auf den Heiligen Geist in mir, der durch Schweigen zu mir spricht. Es gibt auch den Gehorsam gegenüber Institutionen: Staat, Kirche, Schule, Körperschaften, die sind notwendig, sonst funktioniert das Gesellschaftsgefüge nicht. Wie allerdings die Erfahrung lehrt, kann auch hier Manches schiefgehen. Letzte entscheidende Instanz für den Menschen ist sein Gewissen.


Ausdauer im Glauben

Das Evangelium zeigt die Schwachheit und Heilsbedürftigkeit an einer namenlosen Frau, einer Kanaanäerin, die um das Wohl ihres Kindes bangt. Um an Jesus heranzukommen, beweist sie große Ausdauer, lässt sich nicht abwimmeln: Herr, hilf mir! Zwei Dinge sind in diesem Evangelium bemerkenswert: Jesus ist als Mensch ein Lernender. Auch er hat als Mensch Umkehr nötig. Diese Umkehr zeigt sich im Mitgefühl. Die Frau belehrt Jesus durch ihren festen Glauben und ihr Vertrauen: „Es soll dir geschehen, wie du willst.“

So bekommen wir an diesem Sonntag Leitlinien für unsere Lebensstraße durch die Begriffe „Gerechtigkeit“, Berufung“, den Ruf durch den Geist, der zu uns spricht, sowie Ausdauer (auch) im Glauben. Vielleicht können Sie etwas davon für Ihre Lebensgestaltung brauchen.


Gott,

Jeder und jede von uns ist dir wertvoll und kostbar.
Du kennst uns bei unseren Namen
und beschenkst uns mit deinen Gnadengaben.
Segne die Menschen und lass sie deine Nähe spüren.