24. Sonntag im Jahreskreis - 17. September

Gedanken zum Sonntag
Segen

Am 4. September war der 60. Todestag von Robert Schuman.


Robert Schuman war ein französischer Politiker,
mit ursprünglich deutscher Staatsbürgerschaft.

Im zweiten Weltkrieg war er im Widerstand tätig, musste fliehen und fand in einem Kloster in Neustadt an der Weinstraße Schutz.

Nach dem Krieg war er politisch aktiv.
Schuman war Ministerpräsident, später Außenminister Frankreichs.
In dieser Funktion legte er den Baustein zu einer Wirtschaftsgemeinschaft mehrerer europäischer Länder,
der „Montanunion“. 1958 wurde er der erste Präsident des neugegründeten „Europäischen Parlaments“.


Schumann war praktizierender Katholik
und es gibt Bestrebungen, ihn selig sprechen zu lassen.
Das Verfahren dazu läuft seit einigen Jahren.

Robert Schuman lebte aus dem Glauben
und dem fast täglichen Gottesdienstbesuch.


Er hat durch sein Wirken zur Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland, zwischen Menschen aus Frankreich und Deutschland beigetragen.

Schuman zeigte eine Haltung der Zuwendung zum Menschen und lebte Versöhnungsbereitschaft.


Er hat das gelebt, von dem das Evangelium heute spricht.

Es spricht von der Versöhnung – von der Bereitschaft zur Versöhnung.

Petrus fragt Jesus: Wie oft muss ich meinem Bruder, also dem, der zu mir gehört, meinem Mitmenschen, verzeihen? Wie oft muss ich ihm vergeben? Siebenmal?

Die Antwort Jesu überrascht: nicht siebenmal, sondern sieben Mal siebzigmal. 490-mal also.

Also nicht nur ein bisschen, so nach Lust und Laune, sondern Versöhnung ist etwas, was andauernd und dauerhaft geschehen soll.

Ein hoher Anspruch, der uns da im Evangelium präsentiert wird.


Hintergrund des Evangeliums ist, dass Matthäus für die Gemeinden der ersten Christen schreibt.

Matthäus geht es um die Grundhaltung in der Gemeinde. Die ersten Gemeinden sind nicht homogen, sie setzen sich aus unterschiedlichen Menschen zusammen. Aus teilweise sich gegenüberstehenden Gruppen. Daher ist das Gleichnis auch ein Aufruf an die Gemeinde, für die Matthäus schreibt, aufeinander zuzugehen, immer und immer wieder Schritte der Annäherung und der Versöhnung zu wagen.

Versöhnung fällt ja nicht immer leicht.

Je nachdem, um was es geht. Je persönlicher, je tiefer eine Verletzung, ein Fehlverhalten eines anderen bei mir ankommt,
desto schwerer fällt es mir, einem anderen Menschen zu vergeben, Versöhnung konkret werden zu lassen.


Bis ein Mensch bereit zur Versöhnung ist, braucht es Zeit, manchmal viel Zeit.

Vergeben kann ich nicht verordnen. Vergebung zu erfahren, bleibt auch ein Wunsch.

Versöhnung ist nicht leicht.

Versöhnung kostet Kraft, aber: sie befreit.

Und ich behaupte: Versöhnung tut gut.

Sie tut der Person gut, der vergeben wird.

Sie tut der Person gut, die vergibt.


Verzeihen macht mich frei – von der falschen Bindung an einen anderen. Dann kann ich das, was war, leichter aus dem Kopf lassen. Ich kann den Menschen, an den ich mich durch meine Gedanken und meinen Groll binde, loslassen.

Dann hat der andere Mensch nicht mehr so große Macht über mich.


All das braucht Zeit und Mut. Und so deute ich den Auftrag Jesu, einem anderen Menschen ganz oft und immer wieder zu vergeben als Idealbild, als Zielvorstellung.

Ich soll Versöhnungsbereitschaft im Blick haben, auch wenn die konkrete Versöhnung nicht immer gelingt.

Ich soll aus der Kraft der Versöhnungsbereitschaft leben.


Unsere Versöhnungsbereitschaft kann und darf sich aus der Versöhnungsbereitschaft Gottes speisen, die er uns gegenüber hat.


Der Herr im Evangelium hat Mitleid mit dem Knecht, der ihm zehntausend Talente schuldig ist.

Mit dem „Herrn“ meint der Evangelist Gott.

Gott hat Mitleid. Er vergibt. Auch große Schuld.

10.000 Talente – ein unglaublich hohe Summe. Die Steuersumme in Judäa und Galiläa damals betrug ca. 200 Talente.

1 Talent entsprach ungefähr 6000 bis 10.000 Denaren. 1 Denar war der Tageslohn.


Rechnerisch hat der Knecht eine Schuld, die das Geld von 60 Millionen bis 100 Millionen Arbeitstagen ausmacht. Diese Schuld zu begleichen ist unmöglich.

Riesengroß ist auch die Schuld, die Deutsche in den vergangenen Jahrhunderten durch Krieg und anderes anderen Ländern und Menschen angetan hat. Sie ist und bleibt unermesslich groß.


Dennoch gab es in ganz vielen Bereichen von privaten Beziehungen und politischen Verhältnissen Aussöhnung und Versöhnung. Es gab sie deshalb, weil es Menschen gab, die von der tiefen Überzeugung geprägt waren und sind, dass der Weg zu Frieden und Gerechtigkeit, über die Versöhnung geht.


Ein Aufrechnen von Schuld geht nicht, ein Kleinrechnen schon gar nicht.

Es braucht die Haltung eines Robert Schuman, es braucht die Haltung des Herrn im Gleichnis des Evangeliums.


Es braucht die Haltung der Versöhnungsbereitschaft.

Auf die Haltung, einem anderen Menschen zu vergeben, kommt es an.



Peter Göb

Es gilt das gesprochene Wort

Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu zeigen.

Der Herr sei neben dir, um dich in die Arme zu schließen

und dich zu schützen.

Der Herr sei hinter dir, um dich zu bewahren

vor der Heimtücke böser Menschen.

Der Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du fällst,

und dich aus der Schlinge zu ziehen.

Der Herr sei in dir, um dich zu trösten, wenn du traurig bist.

Der Herr sei um dich herum, um dich zu verteidigen,

wenn andere über dich herfallen.

Der Herr sei über dir, um dich zu segnen.

So segne dich der gütige Gott.