30. Sonntag im Jahreskreis - 29. Oktober

Gedanken zum Sonntag
Segen

Manche Menschen reden viel.


Privat. Manche erzählen viel von sich, erzählen von und über andere – erzählen gefragt und ungefragt.


Manche Menschen reden viel.

Beruflich. In manchen Berufsgruppen gehört Reden zum Handwerk dazu. In der Erziehung und Pädagogik.
In Politik und Wirtschaft.


Manche Menschen reden viel.


Andere haben die Gabe, Dinge auf den Punkt zu bringen. Sie können mit wenigen Worten und Sätzen das, was andere lange und ausschweifend erklären, zusammenfassen.
Sie können die Essenz, den Extrakt dessen formulieren, was in langen Reden und Aufsätzen zu finden ist.

Ich denke, Jesus war ein Mensch, der Dinge auf den Punkt bringen konnte, der Dinge zusammenfasst und pointiert benennt.


Das heutige Evangelium ist ein Musterbeispiel dafür.

Jesus wird gefragt, welches der Gebote des Gesetzes (also der fünf Bücher, die Mose zugeschrieben werden) und der Propheten das Wichtigste ist.

Hintergrund ist, dass es allein in den fünf Büchern Mose 613 Vorschriften gab, die für einen gläubigen jüdischen Menschen einzuhalten waren und sind (248 Gebote und 365 Verbote).


Da kann der Mensch schon mal den Überblick verlieren. Was ist wichtig, welches ist wichtiger als ein anderes? An welche muss ich mich besonders halten? Was ist mir im Leben wichtig.


Darum muss man – wie bei allen Gesetzen, Geboten und Vorschriften – wie überhaupt im Leben – eine Hierarchie, ein Rangfolge der Wichtigkeiten haben.

Welche Prioritäten habe ich im Leben? Ist für mich eine wichtige Frage.

Jesus bringt die 613 Gebote und Gesetze auf den Punkt.


Er sagt:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.“ Und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“

Diese beiden Gebote, so sagt Jesus, – mit dem Hinweis auf die Liebe zu sich selbst – sind die wichtigsten Gebote.

Sie bringen es auf den Punkt.
Sie bringen die Vorgaben für das Leben auf den Punkt.

Das neue sind nicht die Gebote an sich. Beide finden sich im Ersten (Alten) Testament. Die Gottesliebe: Dtn 6,4 und die Nächstenliebe Lev 19,18.


Nicht die Gebote sind neu,
sondern die Verknüpfung der Gebote ist neu.

Das eine gibt es nur mit dem anderen.

Es gibt keine Trennung der Nächstenliebe von der Gottesliebe – und auch nicht umgekehrt.

Beide sind Fundament und Verstehensgrundlage für alle anderen Gesetze und Vorschriften.
Andere Gesetze werden danach entfaltet und müssen sich an der Gottes- und Nächstenliebe messen lassen.


Jesus hat diese Verknüpfung von Gottes- und Nächstenliebe wie kein anderer gelebt.

Sie ging bei ihm so weit, dass er am Kreuz starb und von den Toten auferstand.
Darin wird die Liebe zu den Menschen und die Treue zu Gott offenbar.

Jesus bringt die Vorschriften auf den Punkt.

Gottes- und Nächstenliebe und die Selbstliebe wollen sich entfalten.

Ein Beispiel, wie sich die Nächstenliebe entfalten kann, hörten wir in der ersten Lesung:

Konkret werden da Verhaltensweisen einem Fremden gegenüber aufgeführt.
Du sollst ihn nicht ausnutzen, auch die sozial schwachen nicht. Beispielhaft für die damalige Zeit werden die „Witwen und Waisen“ genannt.

Es geht um ehrliche Geschäfte, darum keinen Wucher zu verlangen und darum, andere nicht in Not zu bringen.

Achte die Würde, den Respekt des anderen Menschen. Gib ihm, was er zum Leben am Tag und in der Nacht nötig hat.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken.“ Und: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“


Und noch ein Gedanke.

„Liebe“ ist ein soziales Konstrukt. Das, was Menschen unter „Liebe“ verstehen, ist abhängig von der jeweiligen Kultur und Zeit.

Liebe zeigt sich daher auch in jeder Zeit und Kultur anders.

Daher zeigt sich die Gottes- und Nächstenliebe auch unterschiedlich. 

Wichtig ist, dass sie sich zeigen.

Dass sie sich in der Verknüpfung zeigen, die Jesus vornimmt.

Der Glaube an Gott, die Liebe zu Gott muss die Liebe zum Menschen nach sich ziehen.


Kann die Liebe an Gott echt sein, wenn man Menschen in Not nicht rettet?

Die erste Lesung zeigt Beispiele, wie Nächstenliebe konkret werden kann.

Es ist an uns, heute Gottes- und Nächstenliebe und ein gutes Maß an Selbstliebe konkret werden zu lassen.


In der neuen Woche gibt es bestimmt Gelegenheiten dazu, Gelegenheiten, das, was wir glauben, auf den Punkt zu bringen.



Peter Göb

Es gilt das gesprochene Wort

Der Herr segne dich;

er erfülle Dein Herz mit Freude,

Deine Augen mit Lachen,

Deine Ohren mit Musik,

Deine Nase mit Wohlgeruch,

Deinen Mund mit Jubel,

Deine Hände mit Zärtlichkeit,

Deine Arme mit Kraft,

Deine Füße mit Tanz.

Er bewahre Dich vor allem Ungemach

und beschütze Dich zu allen Zeiten.

So segne Dich der gute Gott,

der Vater, Sohn und heiliger Geist. 


Amen.