Zum (Nach)lesen finden Sie hier Gedanken zum Sonntag und ein Segensgebet.


Am ersten Sonntag im Monat findet um 9 Uhr in Borken und am dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr in Homberg ein Kindergottesdienst statt.


Die Lesungstexte der Sonn- und Wochentage finden Sie unter:

Weihnachten

24. und 25. Dezember 2022

Gedanken zum Sonntag
Segen


Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage – rühmet, was heute der Höchste getan.


Mit Pauken und Trompeten werden diese ersten Zeilen des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach begleitet. Ein besonderes Stück mit sechs Kantaten für die weihnachtlichen Tage.


Wer einmal das Weihnachtsoratorium live oder digital gehört hat, wird sich – vermutlich ein Leben lang – an diesen eindrucksvollen Beginn des mehrstündigen Werkes erinnern.


Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage!

Die Musik von Bach versetzt – zumindest mich – in weihnachtliche Stimmung.

Aber: Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage?


Mir kommen aber auch Zweifel.

Ist es angemessen, in diesen Zeiten in Jubel auszubrechen?

Dürfen wir jauchzen und frohlocken angesichts der Katastrophen, die wir erleben?


Seit über 300 Tagen herrscht – gut tausend Kilometer von uns entfernt – ein brutaler Krieg. Tausende von Menschen, Erwachsene wie Kinder, sind getötet, gefallen oder verwundet und tragen körperliche und seelische Schäden ein Leben lang mit sich.

In Kälte und Dunkelheit, teilweise ohne Strom und fließend Wasser harren die Menschen in den Städten der Ukraine aus und hoffen auf ein Ende des Krieges.

Ich hoffe sehr, dass im Verborgenen über den Frieden verhandelt und nicht nur öffentlich die Lieferung von Waffen gezeigt wird.

Der Krieg in der Ukraine ist nicht der einzige Krieg und die einzige bewaffnete Krise auf unserer Welt. Syrien, Jemen, Irak und viele andere Orte lassen sich aufzählen. Leider.

Dazu kommt die Unterdrückung von Völkern und Volksgruppen durch Staaten und Regierungen.


Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage?

Können wir da zustimmen, angesichts der steigenden Kosten für Lebensmittel und Energie. Immer mehr Menschen haben Schwierigkeiten finanziell über die Runden kommen.

Ca. 2 Millionen Menschen, 2,5 % der Bevölkerung, nehmen die Tafeln in Anspruch. Das sind 50 bis 100 Prozent mehr als vor eins, zwei Jahren. Die Tendenz: weiter steigend.


Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage?

Die Zerstörung der Umwelt und der Artenvielfalt geht ungebremst weiter. Wir gehen immer stärker auf die klimatischen Kipppunkte zu. Die Zukunft der Welt ist düster.


Jauchzet, frohlocket – auf preiset die Tage?

Wie war es eigentlich damals, zur Zeit der Geburt Jesu?


Bei Lukas wird in bildreicher Sprache davon erzählt.

Die Namen der Mächtigen werden genannt. Augustus, Quirinius, Herodes.

Sie regieren, herrschen, führen Krieg und unterdrücken die Menschen.

Sie stehen in den Schlagzeilen und agieren auf der Bühne des Weltgeschehens.

Die Mächtigen stehen auf der einen Seite.


Auf der anderen Seite wird von der Geburt eines Kindes berichtet.

Die Namen Maria und Josef stehen für die unbedeutenden. Die Geburt eines ist eine kleine Geschichte, ein Einzelschicksal.

Die Geburt des Kindes geschieht im Rahmen einer Welt, die nicht viel anders ist als heute.


Dennoch: Es ist ein besonderes Kind, das geboren wird.

Lukas verwebt meisterhaft die kleine mit der großen Geschichte. Er markiert die Momente, wo das, was im Verborgenen der Provinz und des Alltags der kleinen Leute geschieht, hineinragt auf die Bühne der großen Weltgeschichte.

Jesus wird in einem Stall in der Provinz geboren, aber seine Geburt geschieht im Angesicht des gesamten römischen Reichs, der damals bekannten bewohnten Welt.


Diese zunächst verborgene Geburt betrifft letztlich das Geschick der Welt und hat Einfluss auf viele Menschen.

Die ersten, die davon hören und deren Leben sich verändert, sind die Hirt*innen.

In ihre düstere Lebenssituation hinein, in die Schwere der Arbeit und der Sorgen des Alltags, hören sie von Glanz und Gloria, hören sie ein „jauchzet und frohlocket“.

Ihnen wird Friede auf Erden in den Unfrieden der Zeit verheißen.

Friede, Schalom, bedeutet aber nicht nur Friede, sondern auch Ruhe, Versöhntheit, Sicherheit, Wohlergehen, Wohlfahrt. Schalom bedeutet auch Vervollständigung.

Den sogenannten „einfachen“ Menschen wird die Botschaft des Friedens zugesagt.

Sie sind offen für diese Botschaft.


Die Mächtigen vor Ort machen weiter wie bisher, trotz der Botschaft von ganz unten bzw. ganz oben.

Herodes verfolgt das Kind, stellt ihm nach, will es töten.

Aber das kleine Kind wird sich mächtiger erweisen im Vergleich zu König Herodes, Kaiser Augustus und seinen Statthaltern.

So stehen an diesem Fest stehen nicht die großen Machthaber im Mittelpunkt, sondern ein kleines, schutzbedürftiges Kind.


Ein Stall und eine Futterkrippe sind wichtiger als Paläste und Throne.

Durch Weihnachten hören die Krisen der Welt nicht plötzlich auf; aber Weihnachten zeigt einen Weg, wie wir dagegen angehen können. Weihnachten feiern ist nicht ein Datum, sondern eine Haltung.

Die Haltung, den Schutzbedürftigen zu begegnen, Schwächere zu stärken, Traurige wahrzunehmen und uns für mehr Gerechtigkeit in allen Bereichen einzusetzen.

Die Werte des Kindes wie Toleranz und Menschenwürde, Gewaltlosigkeit und Feindesliebe erweisen sich stärker im Vergleich zu Terrorismus, Fanatismus und Fundamentalismus.


So gesehen ist Weihnachten in gewisser Weise ein Fest gegen die Mächtigen, die Großen, die Starken, gegen die Kriegstreibenden und Ewiggestrigen.

Und darum gilt es, Weihnachten zu feiern, darum muss Weihnachten gefeiert werden, denn:
Weihnachten nicht feiern, hieße das die Mächtigen gewonnen haben.

Weihnachten nicht feiern, hieße, dass die Kriegstreiber gewonnen haben.

Weihnachten nicht feiern, hieße, dass die Umweltzerstörer gewonnen haben.

Weihnachten nicht feiern, hieße, dass die Ewiggestrigen gewonnen haben.


Anders ausgedrückt:

Weihnachten feiern heißt, dass der Drang und der Wunsch nach Frieden stärker ist als die Kriegstreiberei.

Weihnachten feiern heißt, dass der Schrei eines Kindes in der Krippe am Ende stärker und lauter ist als der Schrei der Wunden und Schmerzen.

Weihnachten feiern heißt, dass der Glaube an die Zukunft größer ist als Verharren in alten Denk- und Handlungsmustern.

Weihnachten feiern heißt, dass Veränderung wichtiger als die Erstarrung.

Weihnachten feiern heißt, an den Menschen, an das Gute im Menschen zu glauben, die Hoffnung nicht aufzugeben, dass Friede kommt, dass Vervollständigung kommt, im Kleinen wie im Großen.


Und darum ist es gut, Weihnachten zu feiern und sich an das „Jauchzet, frohlocket, auf preiset die Tage“ zu erinnern.

Musik zu hören, mitzusingen und Weihnachten als Ansporn und zum Auftrag für eine Veränderung in unserer Welt zu nehmen.




Peter Göb

Es gilt das gesprochene Wort

Gottes Güte umfange uns:
Sie lasse uns das Geschenk seiner Nähe neu erfahren.

Gottes Liebe ergreife uns:
Sie treibe uns an für alle, die uns brauchen, da zu sein.

Gottes Geist wirke in uns:
Er lasse uns Worte finden, die anderen Menschen Mut und Hoffnung machen.

So segne und behüte uns der allmächtige und gütige Gott,
der Vater, der Sohn und der Heilige Geist. Amen.