Auf dieser Seite finden Sie Gedanken zum Sonntag oder eine ausformulierte Predigt sowie ein Segensgebet.

Die Predigten hier können in Form und Inhalt von den Predigten im Gottesdienst abweichen.


Am ersten Sonntag im Monat findet um 9 Uhr in Borken und am dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr in Homberg ein Kindergottesdienst statt.


Die Lesungstexte der Sonn- und Wochentage finden Sie unter:

5. Sonntag der Fastenzeit

6. April 2025

Gedanken zum Sonntag
Segen

Der Abschnitt des Johannesevangeliums, gehörte ursprünglich nicht zum Evangelium dazu. Erst im dritten Jahrhundert wurde er dem Johannesevangelium eingefügt.


Warum war das so?

Diese Textpassage passt vom Stil nicht zu den anderen Texten, so sagt die Bibelwissenschaft.

Aber nun gehört er dazu, zum Glück. Dieser Text, der davon berichtet, dass die Männer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt wurde, vor Jesus zerren.

Der Ehebruch – das ist für die jüdischen Männer mehr als wir darunter zunächst verstehen mögen.


Der Ehebruch ist ein Sinnbild für den Bruch des Bundes zwischen dem Volk Israel und Gott.

Weil der Ehebruch symbolisch für diesen Bruch mit Gott steht, wurde er mit der Steinigung hart bestraft.

Allerdings wurde die Strafe kaum noch angewandt, sie war durch Verbannung, durch eine Geldstrafe, ersetzt. Bzw. die Steinigung wurde durch eine weniger öffentlich-wirksame Todesstrafe, wie die Erdrosselung, ersetzt.

Aber es geht Jesus nicht um die Todesstrafe, sondern um das menschliche und um das göttliche Verhalten.


Es geht um das Verhalten derer, die die Frau anklagen, um das Verhalten Jesu, der in den Sand schreibt, den das Ganze gar nicht so wirklich zu interessieren scheint.

Das Schreiben in den Sand kann als Bezug auf Jer 17,13 ausgelegt werden: „Du Hoffnung Israels, Herr!

Alle, die dich verlassen werden zuschanden; die sich von dir abwenden, werden in den Staub geschrieben“.


Und schließlich gewinnt Jesus durch das Schreiben in den Sand Zeit, Zeit zum Nachdenken.

Er steckt ja in einem Dilemma.

Er kann es nur falsch machen.


Verurteilt er die Frau, dann wird er seinem Anspruch der Barmherzigkeit nicht gerecht. Da ist dann nichts mehr zu spüren von der Zuwendung zu den Sündern, mit denen er ja isst und trinkt, die er besucht. Dann wäre sein Handeln nicht mehr eindeutig.


Verurteilt er die Frau nicht, dann verstößt er gegen das Gesetz der Juden, das auf Ehebruch die Steinigung vorsieht. Dann stellt er sich gegen die Pharisäer und bietet ihnen ein Anlass, ihn anzuklagen.

Wie kommt Jesus aus der Situation hinaus?


Entsprechend der jüdischen Prozessordnung wendet er das Verfahren ab, indem er die Ankläger überprüft. Er schaut auf die, die anklagen.

Und er überführt sie der Heuchelei. Denn sie selber sind nicht ohne Schuld. Sie selbst haben gesündigt.

Das Gericht, die Anklage, wendet sich damit gleichsam gegen die Ankläger.

Jesus zeigt auf, dass die Ankläger selbst anzuklagen sind, dass sie selbst gegen die Barmherzigkeit verstoßen.


Die Barmherzigkeit mit anderen, die Barmherzigkeit mit sich selbst.

Jesus selbst enthält sich des Gerichts.

Er verurteilt nicht, spricht aber auch nicht frei.

Auf Basis der Tatsache, dass keiner der Ankläger die Frau verurteilt hat, verurteilt auch er sie nicht, sondern sendet sie fort, verbunden mit dem Auftrag, von jetzt an nicht mehr zu sündigen.


Wichtig erscheint an dieser Stelle, dass Jesus keine Bedingungen formuliert, keine Buße auferlegt.


Jesus sagt:

Ändere dein Leben. Mach es anders, versuch es zumindest. Ändere Dich, fass den Mut, die Kraft bekommst Du dazu geschenkt.


Ganz abgesehen davon, dass Jesus uns ein Beispiel für Gottes Handeln, für seine Sicht auf den Menschen schenkt, können wir lernen, wie wir aus einem Dilemma, einer scheinbaren „Entweder-oder“-Situation, herauskommen.

Entweder-oder, sind nicht die einzigen Möglichkeiten.

Es gibt mindestens noch zwei weitere.


Keins von beiden, und Beides.

Scheint paradox, ist es aber nicht. Versuchen sie mal, wenn sie meinen, in einem Dilemma zu stecken, beide Varianten als Möglichkeit anzusehen oder auch keine der beiden und eine ganz neue zu finden.


Zurück zur Barmherzigkeit.

Gott schenkt einen neuen Anfang.

Auch wir dürfen anderen Menschen einen neuen Anfang schenken, ihnen die Zukunft eröffnen. Sie nicht auf die Vergangenheit festnageln.


Der Schriftstellers Werner Bergengruen hat das in einer kurzen Geschichte so dargestellt.

In einem italienischen Fischerdorf auf einer Insel gilt das ungeschriebene Gesetz: Eine Frau, die des Ehebruchs überführt ist, wird von einem hohen, schwarzen Felsen in den Tod gestürzt.

Wieder einmal haben Männer eine Frau beim Ehebruch ertappt. Der Frau wird eine knappe Frist gewährt, in der sie ihren Mann ein letztes Mal sprechen darf.

Aber der Mann ist nicht zu Hause und kehrt auch bis zum Ablauf der Frist nicht zurück.

So wird das Urteil erbarmungslos vollstreckt.

Am anderen Tag sehen die Richter die Frau unversehrt am Herd ihres Hauses arbeiten.

Staunen packt die Dorfbewohner, als der Mann der Geretteten erzählt, er habe um die Tat seiner Frau gewusst. Deshalb sei er hingegangen und habe tief unter dem Felsen sein Fischernetz gespannt; und dieses habe die Frau sicher aufgefangen.


Gott ist wie ein Netz, das auffängt,
in das ich mich fallen lassen kann.


Das Netz der Barmherzigkeit und der Güte reißt nicht.

Letzten Sonntag war vom Vater zu hören, der zu den Söhnen herausgeht, beiden entgegen geht. Heute haben wir das Bild eines Gottes, der das Netz der Barmherzigkeit unter uns aufspannt.


Ob wir springen?




Peter Göb

Die Versuchung ist groß.
Groß - den Splitter im Auge des Anderen zu sehen.
Groß - nach Steinen zum Werfen zu suchen
Groß - sich am Versagen des Nächsten zu weisen

Größer ist Gottes Barmherzigkeit
Größer - als der Balken in unserem eigenen Auge
Größer - als die Steine, die wirklich geworfen werden
Größer - als die eigenen Sünden und die eigene Schuld

So stellen wir uns unter den Segen dessen, dessen liebende Vergebung uns immer wieder neu anfangen lässt und der uns nun sendet, diese Barmherzigkeit in unserem Leben zu bezeugen.