Liebe
Gemeinde,
ein
wichtiges Zeichen dieses Tages fällt in diesem Jahr leider aus. Die Fußwaschung
kann nicht durchgeführt werden.
Symbolisch
stehen vor dem Altar die Schüssel und die Schale, ein Tuch.
Die
Fußwaschung ist ein Zeichen der Zuwendung Gottes zum Menschen.
Fällt,
wenn das Zeichen nicht getan werden kann, auch die Zuwendung Gottes aus?
Ja,
da ist eine rhetorische Frage.
Die
Antwort ist klar: Nein, natürlich nicht.
Und
die Menschen? Die Christen, die Gemeinden?
Den
Kirchen wurde -vor allem im Frühjahr und Sommer des letzten Jahres -vorgeworfen,
sich zu wenig um die Menschen gekümmert zu haben, besonders um die Menschen in
den Alten- und Pflegeheimen, den Krankenhäusern.
Die
Kirche wurde gescholten, sich zu schnell den staatlichen Vorgaben gebeugt zu
haben.
Wir
erinnern uns: vor einem Jahr gab es von heut auf morgen keine Gottesdienste, es
waren nur ganz wenige Menschen bei Trauerfeiern zugelassen. Es gab keine
Besuchsmöglichkeiten in den Krankenhäusern, bei Angehörigen, bei Kranken, vor
allem bei den Sterbenden.
Eine
Erfahrung, die sich denen, die sie machen mussten, tief eingeprägt und auch zu
Verärgerung geführt hat.
Und
der Vorwurf: Die Kirche habe – gleich den Jüngern am Gründonnerstag im Garten
Getsemani – geschlafen. Die Not der Menschen verschlafen. Sich nicht für
Menschen, die leiden und im übertragenen Sinne – Blut schwitzen – eingesetzt.
Die Kirche habe es an der Zuwendung zum Menschen fehlen lassen.
Es
mag hier und da stimmen, es mag hier und da nicht stimmen – aber hinterher ist
der Mensch immer schlauer, als in den Situationen, die er bisher noch nicht so
erlebt hat.
Liebe
Gemeinde,
Die
Zuwendung zum Menschen – das ist das, was Menschen in diesem Jahr mit am meisten
vermissen.
Das
Händeschütteln, die Umarmung, die Berührung, die Nähe.
Das
Beisammensitzen, Reden, Essen und Trinken, Gemeinschaft eben.
Es
muss alles auf Abstand erfolgen.
Wie
wertvoll und wichtig Gemeinschaft ist, erleben wir in diesen Monaten wie
selten.
Ein
kurzer Besuch, sich auf ein Getränk sich treffen, eine Kleinigkeit gemeinsam essen,
der spontane Besuch am Wochenende, die Feiern von Geburtstagen, Hochzeiten, ja
auch Trauerfeiern. Und natürlich auch die Feier der Gottesdienste.
Nicht
mehr anmelden müssen, wieder vollere Kirche, wieder gemeinsam singen dürfen…Das ist die
Sehnsucht ganz vieler.
Wir
werden uns noch eine Weile gedulden müssen.
Liebe
Gemeinde,
ich
denke, es ist – neben vielen anderen – eine Herausforderung – nach Corona diese
Gemeinschaften wieder aufleben zu lassen – Menschen wieder zueinander finden zu
lassen.
Es
wird neu gelernt werden müssen, sich zu trauen, einem anderen Menschen nahe zu
kommen, die Umarmung nicht zu scheuen, weil immer ein Restrisiko besteht.
Es
ist eine Herausforderung, die Gruppen wieder zusammen zu bringen, sich zu
treffen, zu reden, spielen, tanzen, essen und trinken.
Es
ist eine Herausforderung, etwas gemeinsam zu unternehmen, Busreisen, Ausflüge
usw. durchzuführen.
Wir
feiern Gründonnerstag – ein Abend der Gemeinschaft.
Wir
erinnern der Gemeinschaft Jesu mit den Jüngern.
Und
wir hören den Auftrag, das weiterzuführen, was er getan hat.
Gründonnerstag
– es ist ein Abend der Zuwendung Gottes zu uns Menschen.
Gott
hält keinen Abstand. Er kommt den Menschen nah.
Den
Kranken, den Sterbenden, den Angehörigen.
Gott
ist den Kindern nahe, die nicht raus können, den Familien, die eng aufeinander
leben, ohne Garten, ohne Spielmöglichkeit.
Gott
ist uns nahe, in unseren unterschiedlichen Situationen.
Gott
ist den Menschen nah, in den Gottesdiensten, in Präsenz hier oder über
Fernsehen, Radio, Internet.
Und
vielleicht ist die Fußwaschung, die in diesem Jahr ausfällt, ein Ansporn, zu
überlegen, welches Zeichen der Zuwendung zu einem anderen Menschen wir setzen
können. wohlwollend und wertschätzend, den Vorschriften konform.
Durch
Anrufe, Nachrichten übers Handy, eine Mail, einen Brief.
Vielleicht
finden wir Gelegenheit, einfach einem anderen Menschen etwas Gutes tun.
Und
so können wir die Zuwendung Gottes in die Tat umsetzen.
In einer kurzen Stille sind wir eingeladen, konkret zu überlegen, wem, wann und wodurch wir
diese Zuwendung schenken können.
Amen.
Peter Göb