Auf dieser Seite finden Sie Gedanken zum Sonntag oder eine ausformulierte Predigt sowie ein Segensgebet.

Die Predigten hier können in Form und Inhalt von den Predigten im Gottesdienst abweichen.


Am ersten Sonntag im Monat findet um 9 Uhr in Borken und am dritten Sonntag im Monat um 11 Uhr in Homberg ein Kindergottesdienst statt.


Die Lesungstexte der Sonn- und Wochentage finden Sie unter:

Osternacht

19./20. April 2025

Gedanken

Ich höre gerne Kriminalpodcasts.


Ein Podcast ist ein Medienformat, ein kurzes Hörspiel, eine Sendung, das man auf dem Handy oder dem PC hört. Diese Podcasts gibt es zu ganz vielen und sehr unterschiedlichen Themen, wie z.B. Wissenschaft, Kultur, Sport, Geschichte usw.


Ich höre gerne Kriminalpodcasts.

In einem Kriminalpodcast wird ein Kriminalfall erzählt.

Was ist passiert, wer hat was gemacht, wie wurde(n) der/die Täter*innen gefunden, gab es eine Verurteilung usw.

Bei diesen Podcasts werden manchmal Fälle vorgestellt, bei denen nie ein Täter ermittelt wurde oder bei denen die Leiche nie gefunden wurde.


Es werde auch Fälle vorgestellt, die lange Zeit ungelöst waren.

Das sind die sog. „cold cases“, die „kalten Fälle“.

Die Akten werden aber nicht geschlossen. Dank moderner Technik wird aus manchem alten, „kalten“ Fall, wieder ein aktueller, ein „heißer“, die Ermittlungen werden wieder aufgenommen und der Täter/die Täterin können ermittelt und überführt werden.

Es konnte wieder Licht ins Dunkel der Tat gebracht werden.


Licht ins Dunkel bringen.

In dieser Nacht bringen wir Licht ins Dunkel.

Wir haben zwar keinen Kriminalfall zu lösen, aber spannend ist trotzdem das, was damals geschah.

Die Frauen, die zum Grab gehen, die das Grab leer finden.

Die Botschaft, dass Jesus auferstanden sei.

Unglaublich.

Schließlich gehen sie zu den Jüngern.

Die glauben ihnen nicht.

Unglaublich.

Das ist bisweilen bis heute, dass den Frauen nicht geglaubt wird.

Sie überzeugen sich dann selbst, die Apostel, zumindest gehen sie hin und schauen voll Verwunderung in das leere Grab.

Es dauert eine Weile, bis ihnen allen klar wird.

Es stimmt. Er ist auferstanden.


Es hat sich etwas Unfassbares ereignet, etwas, was nicht fassbar ist.

Ostern, das ist, so hat es eine Philosophin beschrieben,

Ostern ist die „Durchquerung des Unmöglichen“
(Corine Pelluchon, zitiert nach SZ vom 16.05.2025, Herbert Prantl)

Durchquerung des Unmöglichen.


In Abwandlung dieses Wortes sage ich:

Ostern ist die Durchquerung der Nacht, die Durchquerung des Todes.
Die Durchquerung der Dunkelheit.

Symbolhaft zeigt sich das in dem, was wir gemacht haben.

Die Osterkerze erhellte die Kirche, ihr Licht hat sich verteilt.

Die Kirche wird durch Licht erhellt.

Für mich ist das ein wichtiger Hinweis,
was wir feiern und was Auferstehung bedeutet.


Licht ins Dunkel bringen.

Einen Raum mit Licht und damit mit Wärme und Leben, mit Hoffnung füllen.

Diesen „Raum“ kann ich wörtlich, also räumlich verstehen.

Diesen „Raum“ kann ich ebenso in einem übertragenen Sinne verstehen,
als meinen Lebens“raum“ verstehen.


Ostern lädt ein, mich den Dunkelheiten in meinem Lebensraum zu stellen
und dorthin Licht, Wärme, Leben, Hoffnung zu bringen.

Es braucht das Licht der Liebe und der Zuwendung in den Kriegs- und Krisengebieten.

In den zwischenmenschlichen Verwerfungen.

In Ablösungs- und Trennungsgeschehen in den Familien.

Es braucht das Licht, Erkenntnis, in politischen Entscheidungen,

Es braucht das Licht für die Entwicklungen in der Kirche.

Weltweit, im Bistum und auch in unserem Umfeld.


Es braucht das Licht für junge Menschen bei der Berufswahl,
in den Erfahrungen der Liebe und des Liebeskummers.

Ostern ist das Fest, durch das wir Licht in die Dunkelheit bringen.

Licht durch ein Gespräch, eine Umarmung, ein Lächeln.

Licht durch ein „ich verstehe dich“, „ich bete zu für dich“, „ich denk an dich“.

Licht durch eine Nachricht, einen Brief, ein stilles Gebet.

Ich bin sicher, Ihnen fallen weitere „Räume“ ein, ihnen kommen Menschen in den Sinn, für die Licht wichtig ist und denen sie – wodurch auch immer – Licht bringen können.


So lade ich sie ein, eine Minute Stille zu halten.

Stille tut auch diesem Gottesdienst gut, der voll ist mit Eindrücken, Liedern, Handlungen.

Eine Minute Stille – in der sie an einen Menschen denken können,
der das Licht des Lebens und der Zuversicht besonders nötig hat.

Menschen, die sich nach der Durchquerung des Unmöglichen, der Dunkelheit, sehnen.

In der Familie, bei den Freund*innen und Bekannten, in der Gemeinde.

Menschen, die vielleicht ganz woanders leben, deren Gegenwart wir vermissen.


Eine Minute Stille.


Ostern will Licht ins Dunkel bringen.

Tragen wir das Osterlicht in die Welt.

Nehmen wir das Licht mit, als Zeichen der Hoffnung.

Nehmen wir das Licht mit in die Dunkelheiten unseres Lebens.

Bitten wir um das Licht für Menschen, von denen wir wissen, dass sie es brauchen.


Bitten wir um das Licht, das wärmt, dort, wo Menschen, Beziehungen, Verhältnisse erkaltet sind, wo Denkmuster erstarrt, und Verhalten festgefahren ist.

Wir dürfen und können dieses Licht in die Welt tragen.

Ein Feuer, das wärmt, stärkt, hilft, ermutigt, uns brennen macht.


Denn:

Am Ende geht’s um die Frage, ob mich der Tod und die Auferstehung Jesu „kalt“ lassen,
ob Ostern für mich ein „cold und old case“, ein kalter und alter Fall sind,

eine Geschichte von damals, mit Brauchtum angereichert und gefeiert.

Oder ob ich mich von der Botschaft der Auferstehung und des Lebens erwärmen und beeinflussen lasse, ob ich mich von dieser Botschaft anstecken und in Bewegung setzen lasse und das Unmögliche, das Dunkel durchquere.

Am Ende geht’s um die Frage, ob ich mich zu einem Menschen machen lasse oder immer mehr werde.


Ein Mensch, der das Licht des Lebens in die Welt trägt.

Ostern will Licht ins Dunkel bringen.

Wir dürfen Licht ins Dunkel bringen.



Peter Göb