Ansprache zu Weihnachten 2019 - Peter Göb

Liebe Mitfeiernde, liebe Geschwister,

 

Weihnachten –

Gestern haben wir „Stille Nacht, heilige Nacht“ gesungen. Hier in der Kirche und viele vermutlich zu Hause. Diese „Stille Nacht, heilige Nacht“ ist vorbei. Die Geschenke sind ausgepackt. Der Feiertagstisch von gestern abgeräumt. Gläser sind bereits gespült oder auch noch nicht. Mit den Tellern ist es ähnlich.

Die Essenreste sind im Kühlschrank und in der Truhe.

 

Vielleicht sind Sie schon vorbereitet, für die, die heute kommen oder Sie haben die Tasche für die Fahrt, die ansteht, gepackt.

 

An Weihnachten ist ja einiges los.

Damals war auch einiges los: Volkzählung war angesagt.

Josef und Maria, das junge Paar musste los.

 

Damals. Volkszählung ist angesagt. Der Staat bestimmt über die Menschen, er bestimmt ihre Wege. Der Staat macht Vorgaben.

Volkzählung. Wozu? Um Steuern einzutreiben. Ein uraltes Geschäft, in gewisser Weise ist es wohl notwendig, na gut.

Volkszählung. Warum? Um zu zählen, um den Überblick zu haben,
um zu überwachen?

 

Heute geschieht „Volkszählung“ anders. Die Kontrolle geht über unsere Datenspuren, die wir bei dem Bezahlen mit der ec-Karte oder der Kreditkarte im stationären oder im Onlinehandel hinterlassen, durch Datenspuren, die wir beim Telefonieren legen. Wir hinterlassen Spuren beim Einloggen ins Internet.

 

Und sie geschieht auch durch die Überwachung durch die Kameras, die an vielen Stellen hängen und scannen und doch kaum Schlimmes verhindern, sondern allenfalls manchen ein Gefühl von Sicherheit geben. Anderen geben sie ein Gefühl des Ausgeliefertseins.

 

Das junge Paar von damals geht den Vorgaben nach und dann Abgaben zu zahlen.

 

Die Volkzählung gerät in den Evangelien schnell in den Hintergrund und die Menschen treten in den Vordergrund.

 

Menschen, die sich aufmachen nach Betlehem, zu dem Kind, das von einer jungen Frau geboren wurde.

 

Die Frau, sie ist so 14, 16 Jahre jung…

 

Seltsam, dass junge Frauen, dass Menschen in diesem Alter für eine Botschaft, die Zukunft bringt, offen sind.

Maria mit ihren 14, 16 Jahren, hat Kraft, hat Ausstrahlung. Sie hat trotz der Hindernisse, trotz der äußeren Schwierigkeiten Energie, ihr Leben zu leben, ihr Ding zu machen, zu dem zu stehen, was sie tut.

 

Ich bewundere junge Menschen, Menschen überhaupt, die wissen, was sie wollen, die sich engagieren, einsetzen, die die Welt besser machen wollen. Die die Zukunft für diese Welt retten wollen.

 

In Bamberg, in der „Oberen Pfarre“ gibt es eine große Krippe. Dort werden unterschiedliche Szenen dargestellt. In diesem Jahr gibt es einen aktuellen Bezug: Zu sehen sind Demonstrierende, die Plakate in den Händen halten und für den Klimaschutz auf die Straße gehen


Obere Pfarre - Krippendarstellung

 

Die Schöpfung zu bewahren ist ein zutiefst christlicher Auftrag. Das haben die beiden großen Kirchen in letzter Zeit immer wieder betont und sich teilweise auch mit dem sog. „Klimapaket“ sehr kritisch auseinandergesetzt.

 

Blogger Rezo hat in einer Zeit-Kolumne, dieses Engagement der Kirchen dargestellt.

ZEIT - Rezo - Kirche und Klimaschutz

 

Weitere Links finden Sie auf unserer Homepage:

Links auf der Homepage von Christus Epheta

 

 

Die Hirten, sie eilen, sie rennen, neugierig und aufgeregt, hibbelig und unsicher. Stress hatten sie vermutlich auch.

Die Hirten. Damals.

Es waren Menschen am sozialen Rand, ohne großes Ansehen.

Sie bilden einen wichtigen Teil der Gesellschaft ab.

 

Später kommen dann die Fremden, die Weisen aus dem Morgenland.

Es waren Ausländer. Fremde.

Diese Ausländer damals haben viel auf sich genommen, waren wochen- oder monatelang unterwegs. Haben viel hinter sich gelassen, manches, vielleicht sogar ihr Leben riskiert.

 

Menschen machen sich auf, um Heimat zu finden. Um Sicherheit und bekommen, um inneren Halt und innere Heimat zu erhalten.

Nicht nur damals. Auch heute.

 

Viele, die vor Gewalt und Bomben, die vor dem Krieg in Syrien fliehen, sind zurzeit in Griechenland, auf Lesbos. In völlig überfüllten Lagern leben die Menschen, Kinder und Erwachsene.

Flüchtlingslager in Griechenland

 

Vor Monaten haben sich einige Bundesländer bereit erklärt, einen Teil davon aufzunehmen. Ein Vorschlag, vor Tagen erneut aufgenommen – und von den Kirchen unterstützt wird.

Kirchen fordern Lösung

 

Manche haben da Vorbehalte, aus sehr unterschiedlichen Gründen und Motiven. Auch Menschen, die in Parteien aktiv sind, die ein „C“ in ihrem Namen tragen.

 

Ich denke: Europa verschließt seine Herbergen und lässt die Menschen im Regen stehen und Dreck sitzen. Menschen, die Herberge suchen. Wir singen: Ihr Kinderlein kommet – doch meinen es nicht so. Kommt nicht zu uns, nicht heute.

 

Aber: „Wenn alle immer warten, dass alle mitmachen, macht am Ende keiner was.“ (Boris Pistorius, SPD, NRW, Innenminister). (Zitat aus dem folgenden Artikel:

Flüchtlingskinder in Griechenland


Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat den Zustand als „nicht betlehemkonform“ bezeichnet.

Ansprache Erzbischof Schick

 

 

Liebe Gemeinde,

Weihnachten führt Menschen zusammen, damals in Betlehem.

 

Ganz unterschiedliche Personen und Personengruppen kommen zur Krippe, zum Stall. Auf den einen Blick, fast ausschließlich Männer. Maria war da, vielleicht noch eine Hirtin oder die Herbergsmutter.

Auf den zweiten Blick dennoch eine sehr unterschiedliche Gesellschaft. Hirten, Waise, Herbergseltern. Nachbarn.

 

Der zweite Blick ist wichtig. Ich glaube, Weihnachten will den Blick hinter den ersten Blick öffnen. Weihnachten will alle Menschen zusammenführen.

 

Ganz verschiedene, diverse Menschen, was ihr sozialer Status, ihr Ansehen, ihr Aussehen, ihre Lebensweise, ihr Leben betraf.

 

Weihnachten ist das Fest der Diversität.

Zu diesem Kind dürfen alle kommen, gleich, wie du glaubst und lebst, wie du liebst und dich fühlst.

 

Weihnachten ist daher das Fest für alle.

Ohne Einschränkung, ohne Grenzen. Denn die Liebe, die Zuwendung Gottes zu uns Menschen ist auch grenzenlos.

 

Er schließt niemenschen aus. Wir sind es, die Grenzen schaffen, zwischen Ländern, zwischen Wirtschaftssystemen, zwischen Religionen, Konfessionen, Lebensentwürfen und und und.

 

Die „stille Nacht, die heilige Nacht“ ist vorüber.

In wenigen Tagen wird die Dekoration abgeräumt, die Geschenke verräumt.

Das Geschenkpapier wird entsorgt.

Weihnachten auch?

 

Ich hoffe nicht!

 

Weihnachten will nicht vorbei, will nicht vorüber gehen.
Weihnachten will nicht auf eine Nacht oder zwei, drei Feiertage mit Essen und Trinken reduziert werden.

Weihnachten will weitergehen, weiterwirken.

 

Und Weihnachten ist Auftrag. Aus der Kraft des Weihnachtsfestes sind wir gefordert:

Öffnet eure Türen, öffnet die Herbergen für Menschen in Not, nehmt Menschen auf!

Geht auf die Straße, für die Schöpfung, für die Zukunft. Geht auf die Straße für diese Welt.

 

Dann, ja dann, wird Weihnachten wirklich zu einem Fest für alle.

 

Amen.

 

 

 

Peter Göb

25.12.2019, Borken und Homberg.

 

 

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Es gilt das gesprochene Wort.